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5.2. Paket-Meta-Information

Das Debian-Paket ist nicht nur ein für die Installation vorgesehenes Archiv von Dateien. Es ist Teil eines größeren Ganzen und beschreibt seine Beziehungen zu anderen Debian-Paketen (Abhängigkeiten, Konflikte, Vorschläge). Es stellt auch Skripte zur Verfügung, die die Ausführung von Befehlen in verschiedenen Lebensphasen des Paketes (Installation, Entfernung, Aktualisierung) ermöglichen. Diese vom Paket-Verwaltungsprogramm benutzten Daten sind nicht Teil des Softwarebündels, sondern sind innerhalb des Pakets sogenannte „Meta-Informationen“ (Information über andere Information).

5.2.1. Beschreibung: Die control-Datei

Diese Datei verwendet eine den E-Mail-Kopfzeilen ähnliche Struktur (wie sie in RFC 2822 definiert ist). So sieht die control-Datei für apt zum Beispiel folgendermaßen aus:
$ apt-cache show apt
Package: apt
Priority: important
Section: admin
Installed-Size: 5612
Maintainer: APT Development Team <deity@lists.debian.org>
Architecture: i386
Version: 0.8.0
Replaces: manpages-pl (<< 20060617-3~)
Provides: libapt-pkg4.10
Depends: libc6 (>= 2.3.4), libgcc1 (>= 1:4.1.1), libstdc++6 (>= 4.4.0), zlib1g (>= 1:1.1.4), debian-archive-keyring, gnupg
Suggests: aptitude | synaptic | wajig, dpkg-dev, apt-doc, bzip2, lzma, python-apt
Conflicts: python-apt (<< 0.7.93.2~)
Filename: pool/main/a/apt/apt_0.8.0_i386.deb
Size: 1965454
MD5sum: 43364819b898e49b8175e88ec5787241
SHA1: 350a8a7a43fe182d54f3b7d73b8032f85b5d7ddf
SHA256: a593e7d7f9b3cffa37770201a3c13bd2c8bc588bafbf39b4aaa5e13b5fb00b8b
Description: Advanced front-end for dpkg
 This is Debian's next generation front-end for the dpkg package manager.
 It provides the apt-get utility and APT dselect method that provides a
 simpler, safer way to install and upgrade packages.
 .
 APT features complete installation ordering, multiple source capability
 and several other unique features, see the Users Guide in apt-doc.
Tag: admin::package-management, hardware::storage, hardware::storage:cd, interface::commandline, network::client, protocol::{ftp,http,ipv6}, role::program, suite::debian, use::downloading, use::searching, works-with::software:package

5.2.1.1. Abhängigkeiten: dieDepends-Zeile

Die Abhängigkeiten sind in der Depends-Zeile des Paketkopfs definiert. Dies ist eine Liste von Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit das Paket korrekt funktioniert - diese Information wird von Programmen wie apt dazu verwendet, die erforderlichen Bibliotheken in der passenden Version zu installieren, auf die das zu installierende Programm angewiesen ist. Für jede Abhängigkeit kann der Bereich der Versionen, die diese Bedingung erfüllen, eingeschränkt werden. Anders ausgedrückt ist es möglich, die Tatsache zu bekunden, dass wir das Paket libc6 in einer Version größer oder gleich „2.3.4“ benötigen (geschrieben „libc6 (>= 2.3.4)“). Für den Versionsvergleich gibt es folgende Operatoren:
  • <<: kleiner als;
  • <=: kleiner als oder gleich;
  • =: gleich (beachte, „2.6.1“ ist nicht gleich „2.6.1-1“);
  • >=: größer als oder gleich;
  • >>: größer als.
In einer Liste der zu erfüllenden Bedingungen dient das Komma als Trennzeichen. Logisch wird es als „und“ interpretiert. In den Bedingungen drückt der vertikale Strich („|“) ein logisches „oder“ aus (es ist ein nichtausschließendes „oder“ im Gegensatz zu „entweder/oder“). Es hat einen höheren Rang als „und“ und kann so oft eingesetzt werden, wie es erforderlich ist. So wird die Abhängigkeit „(A oder B) und C“ geschrieben als A | B, C. Dagegen sollte der Ausdruck „A oder (B und C)“ geschrieben werden als „(A oder B) und (A oder C)“, da die Depends-Zeilen keine Klammern zulassen, die die Rangordnung zwischen den logischen Operatoren „oder“ und „und“ verändern. Es würde daher als A | B, A | C geschrieben. http://www.debian.org/doc/debian-policy/ch-relationships.html
Das Abhängigkeitensystem ist eine gute Vorrichtung um das Funktionieren eines Programms sicherzustellen, aber es hat mit den „Meta-Paketen“ noch eine weitere Funktion. Dies sind leere Pakete, die lediglich Abhängigkeiten beschreiben. Sie erleichtern die Installation einer zusammenhängenden Gruppe von Programmen, die vom Betreuer des Meta-Pakets ausgewählt wurden. So installiert apt-get install Meta-Paket automatisch alle Programme unter Verwendung der Abhängigkeiten des Meta-Pakets. Die Pakete gnome, kde und linux-image-2.6-686 sind Beispiele solcher Meta-Pakete.

5.2.1.2. Konflikte: die Conflicts-Zeilen

Die Conflicts-Zeilen zeigen an, dass ein Paket nicht gleichzeitig mit einem anderen installiert sein kann. Die häufigsten Gründe hierfür sind, dass beide Pakete eine Datei mit demselben Namen enthalten, dass sie den gleichen Dienst am selben TCP-Port anbieten oder dass sie sich gegenseitig im Betrieb behindern würden.
dpkg wird sich weigern, ein Paket zu installieren, falls es einen Konflikt mit einem bereits installierten Paket auslöst, es sei denn das neue Paket gibt an, dass es die installierten Pakete „ersetzen“ wird. In diesem Fall wird sich dpkg dafür entscheiden, das alte Paket durch das neue zu ersetzen. apt-get folgt immer Ihren Anweisungen: wenn Sie es vorziehen ein neues Paket zu installieren, wird es automatisch anbieten das Paket, das ein Problem darstellt, zu deinstallieren.

5.2.1.3. Inkompatibilitäten: die Breaks-Zeilen

Die Breaks-Zeilen haben einen ähnlichen Effekt wie die Conflicts-Zeilen, jedoch mit einer besonderen Bedeutung. Sie deutet darauf hin, dass die Installation eines Paketes ein anderes Paket (oder bestimmte Versionen davon) „brechen“ wird. Normalerweise ist die Inkompatibilität zwischen zwei Paketen vorübergehend, und die Breaks-Beziehung bezieht sich auf die inkompatiblen Versionen.
dpkg wird sich weigern, ein Paket zu installieren das ein bereits installiertes Paket beschädigen würde, und apt-get wird versuchen das Problem dadurch zu lösen, dass es das Paket das beschädigt würde auf eine neuere Version zu aktualisieren (von der angenommen wird, dass sie korrigiert und damit wieder kompatibel ist).
Diese Situation kann bei Aktualisierungen ohne rückwärtige Kompatibilität auftreten: dies ist der Fall, wenn eine neue Version nicht mehr zusammen mit der älteren Version funktioniert und eine Fehlfunktion in einem anderen Programm verursacht ohne dass dafür besondere Vorkehrungen getroffen worden sind. Die Breaks-Zeilen verhindern, dass der Nutzer in diese Schwierigkeiten gerät.

5.2.1.4. Bereitgestellte Elemente: die Provides-Zeilen

Diese Zeile führt das sehr interessante Konzept eines „virtuellen Pakets“ ein. Sie hat viele Aufgaben, aber zwei sind von besonderer Bedeutung. Die erste Aufgabe besteht darin, ein virtuelles Paket dazu zu benutzen, ihm einen allgemeinen Dienst zuzuordnen (das Paket „stellt“ den Dienst „bereit“). Die zweite zeigt an, dass ein Paket ein anderes vollständig ersetzt, und dass es daher auch die Abhängigkeiten erfüllen kann, die das andere erfüllen würde. Auf diese Weise kann ein Ersatzpaket erstellt werden, ohne denselben Paketnamen verwenden zu müssen.
5.2.1.4.1. Einen „Dienst“ bereitstellen
Lassen Sie uns den ersten Fall anhand eines Beispiels ausführlicher erörtern: alle Mailserver, wie postfix oder sendmail, „stellen“ angeblich das virtuelle Paket mail-transport-agent „bereit“. Daher erklärt jedes Paket, das diesen Service benötigt, um funktionsfähig zu sein (z. B. Mailinglisten-Manager wie smartlist oder sympa), in seinen Abhängigkeiten einfach, dass es einen mail-transport-agent benötigt, anstatt eine lange, jedoch unvollständige Liste möglicher Lösungen aufzustellen (z. B. postfix | sendmail | exim | …). Außerdem wäre es sinnlos, zwei Mailserver auf demselben Rechner zu installieren, weshalb jedes dieser Pakete einen Konflikt mit dem virtuellen Paket mail-transport-agent angibt. Der Konflikt mit sich selbst wird vom System ignoriert, jedoch verhindert dieses Verfahren. dass zwei Mailserver nebeneinander installiert werden.
5.2.1.4.2. Austauschbarkeit mit einem anderen Paket
Die Provides-Zeile ist dagegen von Interesse, wenn der Inhalt eines Pakets in einem größeren Paket enthalten ist. So war zum Beispiel das Perl-Modul libdigest-md5-perl ein optionales Modul in Perl 5.6 und ist als Standard in Perl 5.8 (und späteren Versionen wie der aktuellen Version 5.10 in Squeeze) integriert worden. Daher gibt das Paket perl seit der Version 5.8 Provides: libdigest-md5-perl an, so dass die Abhängigkeiten dieses Pakets erfüllt sind, falls der Nutzer Perl 5.8 oder 5.10 hat. Das Paket libdigest-md5-perl selbst ist irgendwann gelöscht worden, da es keinen weiteren Nutzen mehr hatte, nachdem alte Perl-Versionen entfernt worden waren.
Verwendung einer Provides-Zeile zur Vermeidung des Brechens von Abhängigkeiten
Abbildung 5.1. Verwendung einer Provides-Zeile zur Vermeidung des Brechens von Abhängigkeiten

Dieses Merkmal ist sehr nützlich, da es nie möglich ist, die Wechselfälle der Entwicklung vorherzusehen, und es erforderlich ist, sich auf die Umbenennung oder einen anderen automatischen Ersatz einer veralteten Software einzustellen.
5.2.1.4.3. Gegenwärtige Einschränkungen
Virtuelle Pakete leiden an einigen störenden Einschränkungen, von denen die wichtigste das Fehlen einer Versionsnummer ist. Um zum vorhergehenden Beispiel zurückzukehren: eine Abhängigkeit wie Depends: libdigest-md5-perl (>= 1.6) wird trotz der Anwesenheit von Perl 5.10 von der Paketverwaltung niemals als erfüllt angesehen werden - obwohl sie in Wirklichkeit höchstwahrscheinlich erfüllt ist. In Unkenntnis dieser Tatsache wählt die Paketverwaltung die risikoärmste Option und geht davon aus, dass die Versionen nicht übereinstimmen.

5.2.1.5. Dateien ersetzen: Die Replaces-Zeile

Die Replaces-Zeile zeigt an, dass das Paket Dateien enthält, die auch in einem anderen Paket vorhanden sind, dass aber das Paket offiziell berechtigt ist, sie zu ersetzen. Ohne diese Angabe würde dpkg scheitern und erklären, dass es die Dateien eines anderen Pakets nicht überschreiben kann (allerdings kann es durch die Option --force-overwrite dazu gezwungen werden). Hierdurch ist es möglich, eventuelle Probleme zu identifizieren, und der Betreuer muss die Angelegenheit untersuchen, bevor er entscheidet, ob er solch eine Zeile einfügt.
Die Verwendung dieser Zeile ist gerechtfertigt, wenn sich Paketnamen ändern oder wenn ein Paket in einem anderen enthalten ist. Dies kommt auch vor, wenn der Betreuer sich entschließt, Dateien in unterschiedlicher Weise auf mehrere Binärpakete zu verteilen, die vom selben Quellpaket erstellt werden: eine ersetzte Datei ist nicht mehr Teil des alten Pakets, sondern nur noch des neuen.
Sobald alle Dateien eines installierten Pakets ersetzt wurden, gilt das Paket als entfernt. Ausserdem veranlasst dieses Feld dpkg, das ersetzte Paket zu entfernen, wenn ein Konflikt auftritt.